Sprachentwicklung & Sprachförderung
Die Bedeutung bzw. kommunikative Funktion der menschlichen Sprache & Allgemeines zur Sprachentwicklung & Sprachförderung
Viele Zitate (berühmter & kluger Menschen) zeigen bzw. verdeutlichen die Bedeutung, Wichtigkeit bzw. Relevanz von Sprache, Sprechen, Stimme & Kommunikation für uns Menschen bzw. für unser Leben.
„Sprache ist der Schlüssel zur Welt“ (Wilhelm von Humboldt), „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“ (Ludwig Wittgenstein), „Das Menschlichste was wir haben, ist doch die Sprache (und wir haben sie um zu sprechen)“ (Theodor Fontane), „Sprich, damit ich Dich sehe“ (Sokrates), „Man kann nicht nicht kommunizieren“ (Paul Watzlawick) sind bzw. lauten berühmte Zitate. Und genauso wie die Welt ist die Sprache ein endloses Lern- und Experimentierfeld. Die Sprachentwicklung ist ein komplexer & lebenslang andauernder (Lern-)Prozess.
Sprache macht den Menschen. Sprache ist das, was den Menschen ausmacht. Sprache ist ein essentieller Teil menschlicher Kultur, der uns von anderen Spezies unterscheidet. Die Fähigkeit bzw. Kompetenz, Sprache zu erzeugen bzw. zu produzieren & verstehen zu können, macht den Menschen zu etwas Einzigartigem.
Sprache ist Mittel zum Ausdruck bzw. Austausch von Gedanken, Gefühlen bzw. Emotionen, Wünschen, Fragen, Meinungen, Vorstellungen, Erfahrungen, Erkenntnissen & Informationen sowie zum Erwerb, zur Aneignung, zur Fixierung & Tradierung von Wissen. Sie ist Träger von Sinn & Überlieferung, Schlüssel zum Welt- und Selbstverständnis sowie zentrales Mittel zwischenmenschlicher Verständigung.
Sprache ist zweifellos das wichtigste Mittel zur Verständigung bzw. Kommunikation. Sie ist darüber hinaus für die gesamte Entwicklung eines Kindes (bzw. eines Menschen) von enormer Bedeutung, denn Mithilfe der Sprache entdecken Kinder die Welt, teilen sich anderen Menschen mit und knüpfen soziale Kontakte bzw. Beziehungen.
Sprache bestimmt mit, wie wir mit anderen interagieren, unsere Gedanken & Gefühle ausdrücken & Beziehungen aufbauen. Ein Kind, das sich (gut) ausdrücken kann, ist in der Regel selbstbewusster & unabhängiger. Es bringt wesentliche Voraussetzungen für den Lernerfolg (in der Schule etc.) mit.
Sprache ist die Grundlage unserer komplexen sozialen Systeme. Sie ist Voraussetzung bzw. Bedingung für gesellschaftliche bzw. soziale Teilhabe, um Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen zu können bzw. mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, soziale Kontakte aufzubauen & Freundschaften zu schließen bzw. zu pflegen.
Sie ist ebenso Voraussetzung bzw. Bedingung für bildungspolitische Teilhabe. Die sprachliche Entwicklung hat maßgeblichen Einfluss auf den Bildungsverlauf bzw. die Bildungslaufbahn. Sprachliche Fähigkeiten bzw. Kompetenzen sind von Anfang an Voraussetzung bzw. Bedingung, um erfolgreich „die Welt zu erobern“, um sich Wissen anzueignen, helfen in der Schule, in der (Berufs-)Ausbildung bzw. im Studium & im Berufs- bzw. Erwerbsleben.
Von Geburt an sind bei Kindern alle Antennen auf Empfang ausgerichtet. Alles was um sie herum geschieht, nehmen sie wahr & speichern es ab. Dabei ist die Beziehung zu den Kontaktpersonen (Eltern, Geschwister, Großeltern, Verwandte, Freunde, ErzieherInnen, LehrerInnen etc.) besonders wichtig, da/weil sie mit diesen/ihnen den intensivsten Kontakt haben. Frühe zwischenmenschliche Erfahrungen fördern den Spracherwerb. Kinder benötigen intensive, regelmäßige & ausgedehnte Erfahrungen mit der Sprache im Austausch mit ihren Bezugspersonen, denn diese haben (alle) einen wichtigen Einfluss auf die Sprachentwicklung der/ihrer Kinder.
Sprache ist im menschlichen Miteinander das wichtigste Mittel zur Verständigung – und nur im Miteinander können Kinder sprechen lernen. Beim gemeinsamen Spielen, Basteln, Malen etc. lernen Kinder voneinander, erweitern ihren Wortschatz, verbessern ihre Aussprache bzw. Artikulation & entwickeln wertvolle soziale Kompetenzen. Zu den effektivsten Mitteln der Sprachförderung zählen am Alltag orientierte Sprechanlässe. Neben gemeinschaftlichen Alltagssituationen bzw. sprachfördernden alltäglichen Umgebungen, Situationen & Momenten regen altersgerechte Kinderthemen & Bücher zum Hören, Sprechen & Weiterdenken an. Dabei trainieren die Kinder neben sprachlichen auch kognitive & soziale Kompetenzen, wie das Verstehen von Zusammenhängen, das aufmerksame Zuhören & Eingehen auf andere. Außerdem / des weiteren werden auch Aufmerksamkeit, Konzentration & (auditive) Merkfähigkeit bzw. -spanne gefördert & trainiert.
Ursachen für Störungen der Sprachentwicklung
Ursachen für Störungen der Sprachentwicklung sind sehr unterschiedlich & können teilweise nicht eindeutig ermittelt werden. Die Störungen können häufig mehrere Ursachen (multifaktoriell) haben. Oftmals liegen auch Störungen in anderen Entwicklungsbereichen vor.
Zu Störungen der Sprachentwicklung können u.a. folgende Beeinträchtigungen beitragen:
häufige, immer wiederkehrende Mittelohrentzündungen im frühen Kindesalter
Beeinträchtigungen in der Hörfähigkeit
allgemeine Entwicklungsverzögerungen bzw. -störungen
mangelndes Sprachangebot im sozialen Umfeld
Fehlbildungen im Gesichtsbereich (z.B. Lippen-Kiefer-Gaumenspalten etc.)
genetische Faktoren bzw. Vererbung
geistige Zurückgebliebenheit
Intelligenzminderung
frühkindliche Hirnschädigung (z.B. infantile Zerebralparese etc.)
spezifische Entwicklungsstörungen & Syndrome (z.B. Autismus, AD(H)S etc.)
Sprachentwicklung
Die Sprachentwicklung ist Teil der kognitiven Entwicklung und wie aus sprachvergleichenden Untersuchungen hervorgeht in allen Sprachen vergleichbar. Man spricht hier auch von „universell“. Die Unterschiede bestehen darin …
wie Kinder lernen
welche Lernmöglichkeiten sie haben
mit welcher Geschwindigkeit sie dies tun
Der Spracherwerb setzt mit der Entwicklung der nicht-sprachlichen (non-verbalen) Kompetenzen ein.
Das Kind lernt, dass es zwischen den Äußerungen der Bezugspersonen und den Gegenständen und Handlungen einen Bezug gibt. Bevor das erste verständliche Wort geäußert wird, versteht ein Kind schon sehr viele Wörter und Aussagen, weil es damit Erfahrungen (im Spiel und Alltag) gemacht hat und sie einordnen kann. Daher ist die Entwicklung des Spiel- und Sozialverhaltens für den Spracherwerb so wichtig. Von dem Moment an, ab dem das Kind beginnt sich lautlich zu äußern (Lallphasen), werden Bewegungsabläufe eingeübt, die die Grundlage für die Bildung der Laute und des Redeflusses sind.
Das erste gesprochene Wort um das erste Lebensjahr markiert den Beginn der Wortproduktion.
Kinder versuchen durch das Benennen von Gegenständen („ato“ – Auto) in deren Besitz zu gelangen und/oder durch Formulierung von Forderungen („mehr“, „auf“ oder „haben“), eigene Wünsche zum Ausdruck zu bringen oder durchzusetzen. Beide Verhaltensweisen können zu Beginn der ersten Äußerungen auftreten.
Je nachdem welche Absicht das Kind hat, wird es entweder etwas benennen oder fordern. Daher sind die ersten Wörter eines Kindes nicht immer „Benennwörter“ (Nomen), sondern z.B. auch hinweisende Ausdrücke („da“) oder Partikel von Verben („auf“).
Zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr "explodiert" die Sprachentwicklung (Wortschatzspurt).
Kinder erwerben hier in relativ kurzer Zeit sehr viele unterschiedliche Wörter (Ball-rund-werfen-oben-auf) und beginnen sie miteinander zu kombinieren (Satzbau).
Die Grammatikentwicklung setzt bestimmte Fähigkeiten auf Laut- und Wortebene voraus, z.B. unterstützt die Wahrnehmung unbetonter Laute wie /t/ oder /n/ den Erwerb der Verbendungen (singt – singen) oder der Erwerb von Artikeln (der), Nomen (Ball) und Verben (rollen) den Satzbau mit Subjekt (der Ball) und Verb (rollt).
Kinder wachsen in unterschiedlichen Umgebungen auf, die mal mehr oder weniger den natürlichen Spracherwerb unterstützen. So tragen Kinder bildungsferner Schichten nachweislich ein höheres Risiko sprachliche Auffälligkeiten zu entwickeln als andere Kinder.
Meilensteine der Sprachentwicklung
Geburt
Gehör:
bereits im Verlauf des 5. Schwangerschaftsmonats herangereift und schon vor der Geburt funktionsfähig
Fruchtwasser und Gebärmutterwand dämpfen Umgebungsgeräusche stark ab
Neugeborene ziehen die Stimme ihrer Mutter anderen vor
sie sind stärker an menschlichen Stimmen interessiert als an mechanischen Geräuschen (z.B. lieber ein gesungenes Lied als eine Spieluhr)
Kommunikation:
Geburtsschrei = erste hörbare Äußerung des Kindes
Schreien bleibt stärkstes Ausdrucksmittel für einige Monate
zusätzlich Ausdrücken der Befindlichkeit durch Körpersprache: satt und zufrieden = entspannter Körper; Unwohlsein = Anspannung im gesamten Körper
Das Verhalten der Eltern:
sie sprechen von Anfang an mit dem Kind, obwohl sie wissen, dass es Sprache noch nicht versteht
sie passen ihre Sprechweise an die Reaktion des Babys an (Ammen-/Babysprache: höhere Tonlage, ausgeprägte Sprechmelodie, kurze Sätze, häufige Wiederholungen, gedehnte Vokale (a, e, i, o, u) und Lautmalereien)
1. Monat
Kommunikation:
Schreien ist immer noch wichtigste Art, sich mitzuteilen
es entwickeln sich Unterschiede im Schreien (Müdigkeit, Hunger oder Schmerz sind erkennbar)
der Blickkontakt kann in wachen, zufriedenen Phasen schon einige Zeit gehalten werden – so drückt der Säugling das Interesse an seinem Gegenüber aus
Sprechmelodie und Gefühle:
in wachen, zufriedenen Phasen horcht das Baby, wie gesprochen wird
es reagiert auf bestimmte Sprechmelodien
durch tiefere, fallende Sprechmelodien lässt es sich beruhigen
durch steigende oder erst steigende, dann fallende Sprechmelodien wird es aufmerksam
das Kind versteht Gefühle, die über Zärtlichkeiten und Liebkosungen, aber auch über sprachliche Äußerungen vermittelt werden
Das Verhalten der Eltern:
sie passen das Verhalten intuitiv an den Zustand des Babys an
das Baby erfährt, dass bestimmte Sprechmelodien zu bestimmten Empfindungen ihres Körpers gehören – hier wird die Basis für das Sprachverstehen gelegt
2. Monat
1. Lallphase:
tritt etwa zwischen 6. und 8. Lebenswoche auf
Gurren ist bei allen Kindern in allen Sprachen zu beobachten (auch bei gehörlosen Kindern)
Laute entstehen zufällig durch Muskelbewegungen in Mund, Hals und Kehlkopf
das Kind verbringt in wachen Phasen viel Zeit mit dem Ausprobieren, Wiederholen und Variieren – es betreibt regelmäßig Stimmübungen
Das gezielte Lächeln:
dies zeigt, dass das Baby die positive Botschaft verstanden hat
ab jetzt taucht das Lächeln gezielt als Reaktion auf Blickkontakt und liebevolle Ansprache auf
Das Verhalten der Eltern:
sie reagieren auf die Lautäußerungen des Kindes mit einer Antwort und initiieren damit die erste Form eines Dialogs
die Antworten der Eltern bestehen oft aus Imitationen oder Variationen dessen, was das Kind produziert hat, dabei achten sie darauf, ein Gleichgewicht zwischen Wiederholung, Abwandlung und Neuerung anzubieten, da dies genau zur Aufmerksamkeit des Babys passt
3. Monat
Lallen:
die Bewegungen der Mund-, Zungen- und Rachenmuskulatur werden immer kontrollierter
vor allem Kehllaute (z.B. /r/) werden gebildet, weil die Zunge beim Liegen auf dem Rücken nach hinten rutscht
Die Gesichter der Eltern:
es beobachtet die Gesichter immer aufmerksamer
in Gesprächen achtet das Baby immer mehr auf den Mund und die Lippenbewegungen von Mutter und Vater
es beginnt zu verstehen, dass diese Bewegungen mit dem Sprechen der Eltern zusammenhängen
Das Verhalten der Eltern:
die Laute, die das Kind produziert, werden im Dialog durch die Eltern immer wieder aufgegriffen
das Kind erfreut sich daran, beobachtet seine Eltern genau und setzt das Plaudern fort, wenn die Eltern eine Pause machen
manchmal ahmt das Kind das Plaudern der Eltern nach
4. Monat
Die Stimme:
die Stimme wird jetzt auch zum Lachen und Juchzen verwendet
dies wird durch plötzliche oder auch kräftige, eindeutige Reize auslösbar (z.B. spielerisches Erschrecken, Kitzeln, Küsse auf den Bauch etc.)
das Plaudern mit verschiedenen Lauten setzt das Kind fort
es versucht, dadurch die Aufmerksamkeit der Eltern zu erlangen – es plaudert aber auch für sich allein
Regelmäßige Abläufe:
bestimmte Abläufe, die im Alltag immer wieder in gewohnter Art und Weise auftreten, kann das Baby nun mit bestimmten Sprechmelodien und Geräuschen in Verbindung bringen
es lernt, die Umgebungssprache mit den Umgebungsereignissen in Verbindung zu bringen
bestimmte Äußerungen, die immer wieder auftauchen (z.B. beim Wickeln) werden dem Baby immer vertrauter
Das Verhalten der Eltern:
das Spiel mit wechselnden Rollen wird fortgeführt
dies erfolgt nun auch, indem z.B. das Elternteil das Kind kitzelt, dann die Reaktion des Kindes abwartet – dieses reagiert oft durch Juchzen und Lachen, macht dann seinerseits eine Pause und regt damit an, das Spiel zu wiederholen
5. Monat
Die Sprachentwicklung:
verläuft in dieser Phase unterschiedlich
einige Kinder setzen ihr Stimmtraining der letzten Monate fort
andere legen eine Pause ein und lassen nur noch wenige Laute und Gurren hören
Verstehen des Gesamteindrucks:
das Baby hat nun viele verschiedene und ähnliche Erfahrungen mit Gesichtern und Stimmklang gesammelt
es kann liebevollen von ärgerlichem Stimmklang unterscheiden
es versteht noch keine einzelnen Wörter, bringt aber verschiedene Eindrücke zu einem Gesamteindruck zusammen
Das Verhalten der Eltern:
alle Handlungen und Ereignisse werden sprachlich begleitet
das Gespräch mit dem Kind wird fortgesetzt und seinen Fähigkeiten angepasst
durch das Verbalisieren von Handlungen und Emotionen sammelt das Kind wichtige Informationen, die es für den weiteren Sprachaufbau braucht
6. Monat
2. Lallphase:
es entstehen neue Laute, die den Konsonanten (Mitlauten) der Muttersprache immer mehr ähneln
es werden erste Silben in Form von Silbenketten gebildet (z.B. bababababa)
die Silbenketten werden in Tonhöhe und Lautstärke variiert und es entsteht ein flüssiges Erzählen, bei dem der Eindruck entsteht, dass das Kind in seiner eigenen Sprache spricht
Die unterschiedlichen Gesichter:
das Kind kann nun den Gesichtsausdruck des Gegenübers „verstehen“ (freundliche und verärgerte Gesichter unterscheiden)
es kann den Gesichtsausdruck mit dem Tonfall des Gesagten in Verbindung bringen
es kann vertraute von fremden Gesichtern unterscheiden
„Fremde“ haben es schwerer, dem Kind ein Lächeln zu entlocken – sie können ihren Gesichtsausdruck, den Stimmklang und die Sprechweise nutzen, um das Kind freundlich und wohlgesonnen zu stimmen
Der Blickwechsel und das Verhalten der Eltern:
das Greifen hat sich so weit entwickelt, dass das Kind Gegenstände zwischen den Händen drehen und wenden kann
das beginnende Sitzen ermöglicht einen neuen Blickwinkel
Eltern unterstützen dies, indem sie das Kind nicht mehr nur zu sich, sondern auch mit Blick auf die Umwelt tragen
sie kommentieren das, was das Kind sieht und womit es sich beschäftigt
dadurch bringen Eltern die neuen Erfahrungen des Kindes mit Wörtern in Verbindung, auch wenn die einzelnen Wörter noch nicht verstanden werden
9. Monat
Die Sprachentwicklung:
das Lautrepertoire wird erweitert und neue Silbenketten werden gebildet
die Koordination der Bewegungen hat sich insoweit verbessert, als dass es abbremsen kann und nur noch eine Doppelsilbe produziert (z.B. Baba)
diese Doppelsilben zielen bisher aber noch nicht auf einen bestimmten Gegenstand oder eine bestimmte Person ab (anders als das erste Wort)
die Stimme kann jetzt auch zum Flüstern eingesetzt werden
Erstes Wortverständnis:
dadurch, dass die Spielzeuge, die das Kind häufig genutzt und erkundet hat, immer wieder von den Eltern benannt wurden, entwickelt sich nun das erste Wortverständnis
der Unterschied zum Wortverständnis bei Erwachsenen besteht jedoch darin, dass die Kinder das Wort nur als Bezeichnung für einen ganz bestimmten Gegenstand in einer ganz bestimmten Situation verstehen – ohne den Gegenstand existiert das Wort nicht
Das Verhalten der Eltern:
alle Handlungen und Ereignisse werden sprachlich begleitet
das Gespräch mit dem Kind wird fortgesetzt und seinen Fähigkeiten angepasst
durch das Verbalisieren von Handlungen und Emotionen sammelt das Kind wichtige Informationen, die es für den weiteren Sprachaufbau braucht
12. Monat
Die Sprachentwicklung:
einige wenige Kinder (häufig Mädchen) äußern erste Wörter schon um den 9. Monat herum, andere lassen sich bis Mitte des dritten Lebensjahres (also bis 30 Monate) Zeit
bei den meisten Kindern treten die ersten Wörter aber zwischen dem 12. und 18. Lebensmonat auf
Laufen und Sprechen lernen konkurriert hier (entweder zuerst sprechen oder zuerst laufen lernen)
Mama und Papa sind die häufigsten ersten Wörter
weitere Wörter werden dann häufig vereinfacht oder unvollständig ausgesprochen (z.B. „ato“ für Auto oder „sasse“ für Flasche)
auch kindliche Ausdrücke (z.B. ham-ham) haben in dieser Zeit ihre Bedeutung
Kinder erfahren die „Macht der Wörter“ (Wörter lösen beim Gegenüber etwas aus, z.B. eine Handlung)
Steigendes Sprachverständnis:
Eltern haben den Eindruck, dass ihr Kind schon alles versteht
beim Erkennen einzelner Elemente (z.B. Oma in „Da kommt die Oma“) werden ganze Abläufe aktiviert (z.B. Krabbeln zur Haustüre)
das Sprachverständnis ist weiterhin an bestimmte Zusammenhänge gebunden
das Kind beginnt, einfache Aufforderungen zu befolgen und Verbote zu verstehen
Das Verhalten der Eltern:
die Babysprache verschwindet, die Stimmlage ist nicht mehr so hoch wie im Gespräch mit dem Baby
Eltern verwenden weniger Lautmalereien und setzen kindliche Ausdrücke neben die korrekte Bezeichnung (z.B. Das Kind ruft die Badeente mit gaga, die Mutter antwortet: „Gaga, ja deine Ente. Gaga macht die Ente.“)
Kinder achten besonders auf die letzte Position einer Äußerung (deswegen werden dort häufig die Begriffe verwendet, die dem Kind näher gebracht werden sollen)
die „unterstützende Sprache“ enthält viele feste Spielabläufe (z.B. Suchspiele beim Anziehen), die es in jeder Familie als eigene Rituale gibt
das Kind trianguliert, d.h. es wechselt seine Aufmerksamkeit zwischen dem Gegenstand und dem Elternteil ab – dies können Eltern nutzen, indem sie z.B. den Gegenstand, den das Kind gerade festhält, benennen – wenn das Kind sie dann ansieht, kann ein Gespräch über den Gegenstand begonnen werden
15. Monat
Die Sprachentwicklung:
der Wortschatz wird ausgebaut
Wörter sind nicht immer vollständig und fehlerfrei
Bedeutung der Wörter ist nicht immer die gleiche wie bei Erwachsenen (z.B. ist „ato“ für das eine Kind nur die Bezeichnung für das rote Auto des Vaters, während ein anderes Kind damit alles bezeichnet, was im weitesten Sinne mit Fahren zu tun hat, z.B. den Autokindersitz, den Bagger auf der Baustelle etc.)
Wörter werden als „Ein-Wort-Sätze“ bezeichnet, weil sie auch wie Sätze gebraucht werden und mehr sagen, als nur den Namen eines Gegenstandes
das Kind probiert neue Wörter aus, verändert sie, erweitert und präzisiert ihre Bedeutung
Wortverständnis:
das Kind kann einfache Aufforderungen im gewohnten Zusammenhang befolgen
jedes Missverständnis bietet die Chance, mehr zu lernen (holt das Kind z.B. bei der Aufforderung, seine Jacke zu holen seine Schuhe, können Eltern sagen: „Ja, die Schuhe. Aber die Jacke brauchen wir auch … Wo ist die Jacke ?) – dadurch, dass das missverstandene Wort im Satz am Ende steht und wiederholt wird, bekommt das Kind die Möglichkeit, Wörter aus dem gesamten Ablauf herauszulösen – so werden die Wörter Schritt für Schritt unabhängiger vom Ablauf
Das Verhalten der Eltern:
Kinder interessieren sich dafür, was ihre Eltern zu sagen haben (z.B. heben sie den Blick, während sie ihren Eltern etwas geben oder zeigen auf einen Gegenstand und fordern durch Lautieren zu einem sprachlichen Kommentar auf)
der Drang zum Nachahmen (auch von nicht-sprachlichen Handlungen) ist sehr groß, sodass sich viele Möglichkeiten der mehrmaligen Wiederholung bieten (z.B. zeigt ein Kind auf das Messer auf dem Küchentisch und sagt: „Da!“ Der Vater könnte antworten: „Ein Messer, nicht“ Kind: „Messer“, Vater: „Ja ein Messer, aber das darfst du nicht haben, nein, nein.“ Kind: „Nein-nein“, Vater: „Nein, nein, das darfst du nicht haben. Das macht aua!“ Kind: „Aua“ … die Fortsetzung ist leicht vorstellbar).
18. Monat
Die Sprachentwicklung:
die meisten Kinder (80% der Jungen und 90% der Mädchen) haben inzwischen ihre ersten drei Wörter (außer Mama und Papa) gesprochen
Kinder unterscheiden sich stark in der weiteren Entwicklung: einige legen eine Pause ein, scheinen intensiv zuzuhören und Wörter „zu sammeln“, vermitteln ihre Wünsche über Zeigen, Holen oder Bringen und vermitteln den Eindruck, dass sie alles verstehen können, sprechen aber kaum … nach einigen Wochen oder wenigen Monaten überraschen diese Kinder ihre Eltern dann mit neuen Wörtern, die meist schon recht vollständig sind … andere Kinder plappern einfach drauf los und lernen Schritt für Schritt neue Wörter, die oft noch wenig deutlich ausgesprochen werden … im Extremfall sind die Kinder kaum zu verstehen, auch wenn der Redefluss, der Rhythmus und der Tonfall der Umgebungssprache entsprechen … es scheint den Kindern wichtiger zu sein, dass sie sprechen als wie sie sprechen … sie probieren sich sprachlich aus und lernen durch Versuch und Irrtum
die meisten Kinder nutzen die Zeit bis zum zweiten Geburtstag, um genügend Wörter für die nächste Phase der Sprachentwicklung zu sammeln – ca. 50 verschiedene Wörter scheinen die kritische Grenze für den nächsten Entwicklungsschritt zu sein
Wortverständnis:
die Kinder lernen mehr Wörter, die sie verstehen, als die sie aussprechen können
dieser passive Wortschatz wächst schnell an und ist dem aktiven Wortschatz (Menge an Wörtern, die das Kind spricht) weit voraus
Wortbedeutungen werden denen der Erwachsenen ähnlicher
die Kinder können jetzt zwischen Gegenstand und Handlung unterscheiden und verstehen, dass es jeweils eigene Wörter dafür gibt
Das Verhalten der Eltern:
die unbewusste Anpassung der Eltern an das Sprachniveau des Kindes setzt sich fort
sie sprechen etwas langsamer und mit mehr Wiederholungen von einzelnen Wörtern oder Satzteilen, je nachdem, wie es sich aus der Situation ergibt
Eltern kommentieren, was das Kind tut, beantworten Fragen, reagieren auf Zeigegesten und folgen Hinweisen der Kinder
der Satzbau wird vereinfacht und enthält vor allem Nomen und Verben
Eltern beobachten das Kind genau, um einschätzen zu können, ob es die Äußerung verstanden hat – oder nicht
sie passen sich an die Lernbereitschaft des Kindes an (sowohl in dem, was sie sagen als auch in dem, wie sie es sagen)
2. Lebensjahr (12-24 Monate)
Die Sprachentwicklung:
das Kind beginnt, Wörter miteinander zu kombinieren, wenn es genügend Wörter (etwa 50) und Erfahrungen mit diesen gesammelt hat
mit Wortkombinationen (Zwei-Wort-Sätze) beginnt die Satzentwicklung und gleichzeitig die sogenannte Wortschatzexplosion
das Kind schnappt Wörter nebenbei auf und lernt rein statistisch täglich etwa neun neue Wörter
die Wörter werden teilweise noch vereinfacht und nicht immer richtig ausgesprochen und es ist völlig normal, dass das Kind noch nicht alle Laute beherrscht
das erste Fragealter beginnt: das Kind fragt den ganzen Tag nach Namen und Erklärungen
das „Nein“-Sagen wird nun beherrscht
das Kind kann sich im Spiegel wiedererkennen und seinen eigenen Namen sagen
Sprachverständnis:
das Kind versteht immer mehr, weil sein Wortschatz so stark wächst
es versteht flexibler, weil die Wörter und Äußerungen nicht mehr so sehr an bestimmte Abläufe gebunden sind
das Kind entwickelt gedankliche Vorstellungen von Wörtern, durch die es sich Handlungen gedanklich vorstellen kann, ohne diese Handlung auch in Wirklichkeit durchzuführen
Das Verhalten der Eltern:
das Kind weiß jetzt, dass es sich von den Erwachsenen unterscheidet, auch im Können
dies ist Voraussetzung dafür, dass das Kind (verbal) um Hilfe bitten kann
das Kind kann nun warten, bis seine Eltern ihm geholfen haben und setzt dann das unterbrochene Spiel fort
3. Lebensjahr (24-36 Monate)
Die Sprachentwicklung:
der Wortschatz wächst weiter und die Bedeutung ähnelt immer mehr der der Erwachsenen
Sätze werden länger und grammatisch vollständiger (einfache Sätze werden jetzt richtig gebildet)
einige Kinder beginnen schon Nebensätze zu konstruieren
Sätze werden mit „und“ und „und dann“ aneinandergereiht – später folgen die Verbindungswörter „wenn“, „weil“ und „als“
das Kind lernt die schwierigen Lautverbindungen (bl-, br-, kl-, gl- usw.) – es kann sein, dass Kinder in einem Zwischenschritt Lautverbindungen in manchen Wörtern richtig sprechen, in manchen aber nicht (z.B. sagt das Kind „Kingel“ statt „Klingel“, aber „verkleiden“ wird richtig gesprochen)
auffallendes Kennzeichen dieser Altersstufe ist das Fragen (2. Fragealter) – es werden Fragewörter gebraucht und Wie-Fragen („Wie“ und „Warum“) sind neu dazugekommen
Sprachverständnis:
die Zusammenhänge, die das Kind versteht, werden immer komplexer
Geschichten können verfolgt werden, wenn sie durch passende Bilder unterstützt werden
am besten wird das verstanden, was sich auf die Gegenwart und die Wirklichkeit bezieht
Das Verhalten der Eltern:
Eltern beantworten mit viel Geduld die Fragen ihrer Kinder
sie wiederholen die Äußerungen ihrer Kinder und erweitern diese, um den Kindern neuen Lernstoff zu bieten (z.B. das Kind sagt: „Da kommt ein Laster“, die Eltern antworten: „Ja, da kommt der Laster, der immer den Müll abholt“)
4. Lebensjahr (36-48 Monate)
Die Sprachentwicklung:
der Wortschatz wächst weiter
es werden auch Fürwörter (er, sie, ihr, ihm, mir, mich) benutzt
weitere Fortschritte erfolgen im Satzbau
das Kind kann über Ereignisse aus der Vergangenheit und der Zukunft sprechen
manche Kinder benutzen den Konjunktiv im Rollenspiel (z.B. „Ich wäre jetzt mal die Prinzessin“)
die Bildung von Nebensätzen („wenn“, „weil“, „als“) wird immer sicherer
Sprachverständnis:
viele grammatische Formen und Regeln kann das Kind verstehen, auch ohne Unterstützung durch beschreibende Handbewegungen
es versteht auch schwierige Satzkonstruktionen, z.B. das Passiv
Das Verhalten der Eltern:
Eltern unterstützen ihre Kinder beim Geschichten erzählen, indem sie Verständnisfragen stellen und dadurch helfen, dass Sätze und Gedanken besser strukturiert werden können
dadurch kann das Kind auch seinen Wortschatz erweitern, Formulierungen verfeinern und seine Lautbildung korrigieren
mit dem Eintritt in den Kindergarten steigen die Gesprächsmöglichkeiten der Kinder mit verschiedenen Personen (jüngere und ältere Kinder, fremde Erwachsene)
für Kinder, die sich im Verlauf der Sprachentwicklung Zeit gelassen haben, trägt dies häufig zur Motivation bei
5. Lebensjahr (48-60 Monate)
Die Sprachentwicklung:
der Satzbau ist schon weitestgehend abgeschlossen – einzelne unregelmäßige Formen können noch Schwierigkeiten bereiten
die Zischlaute (s, ß, z, x) sind die letzten Laute, die das Kind erwirbt – manche lassen sich Zeit bis zum letzten Kindergartenjahr – diese Laute benötigen eine sehr fein abgestimmte Koordination der verschiedenen Muskeln, aus denen die Zunge besteht
Sprachverständnis:
bis zum Schuleintritt kann das Kind alle Sätze und komplexere Zusammenhänge verstehen
der passive Wortschatz wächst im Laufe des Lebens immer weiter an (je nach Angebot der Umwelt)
Das Verhalten der Eltern:
das Kind kann nun ganze Geschichten erzählen, erzählt dabei aber teilweise das aus seiner Sicht Wichtigste zuerst und lässt teilweise Rahmeninformationen aus (wer, wo, wann, was)
Eltern stellen Rückfragen, um dem Erzählten folgen zu können
Quellen:
Kauschke, C. (2012). Kindlicher Spracherwerb im Deutschen. Verläufe, Forschungsmethoden, Erklärungsansätze. Berlin/Boston: De Gruyter
Website des dbl (Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V.)